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Nimm mich mit bis zum Ende der Welt

 

Nimm mich mit bis zum Ende der Welt

Lass mich nicht hier stehen

Wie die Ampel an einer Straßenkreuzung.

 

Lass mich sein wie ich es mir wünsche

Ein segelnder Dichter im Meer der Worte

Dessen Träume aufs Papier tropfen.

 

Lass mich die Wunden der Zeit einbalsamieren

Und die Trauer der Menschen mit dem Lächeln der Blume der Geborgenheit besänftigen.

 

Lass mich die Mutterhand sein

Die, die dem Rehkitz seine Angst aus den Augen nimmt.

 

Gib mir das Selbstvertrauen eines Blinden

Lass mich sein Stock sein

Wenn die Sonne im Tunnel verloren geht.

 

Lass mich eine Liebeswolke sein

Um die Geborgenheit auf dem Leib des sorgenden Mondes anzufeuchten.

 

Lass mich die Meeresbrise sein

Um die Weizenblüten zu küssen

Und die Tränen des Taus weg zu wischen.

 

Lass mich der Widerhall der Flöte

Und das Herzklopfen einer Geige

Das Rauschen der Bäche und des strömenden Regens sein.

 

Lass mich ein Ast zum Ausruhen sein für deine Vögel 

Und ihre Flügel lass mich sein

Damit sie noch höher fliegen.

 

Lass mich ein Gedicht sein

Geschmückt mit dem Nektar der Poesie und des Zaubers. 

 

Lass mich ein Blumengarten sein

In dem der Liebende mit dem Schmetterling flirtet.

 

Lass mich für dein Meer ein Fluss sein

Ein Meer für deinen Fluss sein

Wie eine Liebeskette am Hals.

 

Lass mich die Arche Noah sein

Damit ich die Unschuld der Kindheit und die Erinnerungen vor dem Ertrinken rette.

 

Lass mich eine Friedenstaube sein

Damit ich wieder zu meiner Heimat finde

Bevor der Krieg im Morgenrot ausbricht.

 

Lass mich meine Körperteile einsammeln

Denn sie wurden von Kanonen zerfetzt.

 

Lass mich schreien

Damit ich den Traum und das Feuer im Leib der Nacht erwecke

Und du die Freude pflücken kannst.

 

 

© Khaled Shomali