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PROJEKT SPERLING  Nr. 101 - 12. Februar 2009: ZWEI  UNBEKANNTE

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Am andern Ufer

zwei Unbekannte

unter einem Regenschirm

 

 

 

 

Konstantin Dimitrov

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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En la orilla opuesta

dos desconocidos

bajo un paraguas

 

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„Es war einmal, ihr Mönche, in Maghadā ein Rinderhirt von hellem Verstande, der im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, nach genauer Untersuchung des diesseitigen Ufers, nach genauer Untersuchung des jenseitigen Ufers des Ganges seine Herde in eine richtige Furt trieb, hinüber zum Ufer von Suvidehā.“

 

Gautama Buddha

 

 

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Anmerkungen

 

Konstantin Dimitrov lebt im bulgarischen Sofia und bevorzugt beim Schreiben die spanische Sprache. Das bewusst Ausgesparte, der leere Raum, in dem die Assoziationen des Lesers Gestalt annehmen, mitschwingen und nachhallen können, ist das überall durchscheinende Wasserzeichen seiner Arbeiten. Zu unserem heutigen Beispiel bemerkt der Autor, Übersetzer und Kritiker Vicente Haya: „Warum dieses Haiku … so beeindruckend ist, möchte ich zunächst für mich behalten … Sein Geheimnis gehört demjenigen, der es zu stehlen vermag. Es darf nur den Blicken jener Menschen ausgesetzt werden, die es aus eigener Kraft entdecken.“

 

Siddhārtha Gautama, den die Welt Buddha – „Der Erwachte“ – nennt, wurde wahrscheinlich 566 oder 563 v. Chr. geboren. Seine Bedeutung als Lehrer und Religionsstifter tritt mit großer Klarheit aus den Reden des Pāli-Kanons hervor, den Sūtras, die – nach langer mündlicher Überlieferung – im ersten Jahrhundert vor Beginn unserer Zeitrechnung von ceylonesischen Mönchen schriftlich festgehalten wurden. Gerade an ihnen dürfte wenig verändert worden sein. Dennoch wird die Authentizität der Texte allein von den Anhängern der südlichen Schule (Hīnayāna) anerkannt.

Dem Wiener Indologen Karl Eugen Neumann (1865 – 1915) verdanken wir die erste deutsche Übersetzung der Mittleren Sammlung der Reden Buddhas aus dem schwierigen Pāli, einer Gelehrtensprache ähnlich dem älteren Sanskrit. Ihre Lektüre enthüllt die Eigenart meditativen Denkens. Sie sind, wie Heinrich Zimmer es ausgedrückt hat, ein Schritt auf dem Weg zur Erkenntnis, dass der wahren Substanz unseres Wesens im Grunde gar nichts geschehen kann, nichts, was uns Leid oder Freude verursachen könnte.

 

Quellen:

 

CORRALES, LUIS und VICENTE HAYA: Poetas de Corazón Japonés. Antología de Autores de “El Rincón del Haiku.” Salamanca 2005, S. 71, 72. Auswahl und Übersetzung: Luis Corrales Vasco, Hubertus Thum.

HECKER, HELLMUT ( Hrsg.): Reden Gotama Buddhas aus der Mittleren Sammlung. Übertragen von Karl Eugen Neumann. Ausgewählt und erläutert von Hellmuth Hecker. München 1987, S. 235 (M 34, Cula-gopālaka-Suttam).

ZIMMER, HEINRICH: Philosophie und Religion Indiens. Frankfurt am Main 1973, S. 435.

 

 

 

 

PROJEKT SPERLING  Nr. 101 - 12. Februar 2009: ZWEI  UNBEKANNTE

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